| Mitte Mai ist Rennsteiglauf
Jörg: Mehr noch als die klare Ansage im Prospekt zum Thüringer Wald 
        ziehen uns die vielen schönen Erinnerungen vom letzten Jahr wieder an 
        den Start nach Eisenach. Doch dieses Jahr ist alles anders: Kein 
        familiärer Wochenendausflug, kein gemütliches Pensionszimmer, keine 
        lange Busfahrt am Samstagmorgen, aber auch kein Regen. Dafür 
        Sonnenschein von Eisenach bis Schmiedefeld und eine tolle Stimmung im 
        Ziel. Der Tag vor dem Lauf:Jörg: Wir fühlen uns fast wie im Pauschalurlaub, als uns ein 
        freundlicher Helfer des RL-Teams zu unserem "Hotel" mit der 
        "farbenfrohen, einladenden" Fassade chauffiert. Nur ganz kurz vergleiche 
        ich das Eisenacher Elisabeth-Gymnasium mit dem gemütlichen Stadtcafe in 
        Suhl, das uns letztes Jahr als Schlafstätte diente. Dieses Jahr ist 
        alles anders, im vollen Klassenzimmer des Massenquartiers, auf den 
        harten Dielen und der dünnen Isomatte, den überfüllten Toiletten. Lange 
        sitzen wir noch auf der alten Holzbank vor der Schule und genießen den 
        Abend fast meditativ. Irgendwie auch schön, auf eine andere Art. 
          
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            | Unser "Hotel": Fast ein Doppelzimmer… | … und der Frühstücksraum |  Manuela: Der Abend vor dem Lauf war herrlich entspannend. Mit Jörg 
        auf einer Bank vor der Schule zu sitzen, mit einer Tasse Tee in der 
        Hand, und zu fühlen, wie die Anspannung der letzten Tage von mir 
        abfällt. Nur unwillig kann ich mich um 11 Uhr aufraffen, um "unser" 
        Klassenzimmer aufzusuchen. Im Treppenhaus ist es finster, und als 
        Neulinge in punkto Massenunterkunft hat keiner von uns an eine 
        Taschenlampe gedacht. Zum Glück finden wir dann doch auf Anhieb das 
        richtige Zimmer. Der Start:
          
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            | Noch wenige Minuten | Team-Bittel vor dem Start |  Jörg: Langsam schiebt sich die bunte Läuferschlange aus der Stadt, 
        hinauf auf den berühmten Steig. Alle sind super drauf, keiner rennt 
        davon. Alle rennen geradewegs und begeistert hinein, ins Erlebnis 
        Rennsteiglauf. 
          
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            | Trotz Berg zu schnell für die Kamera | Nach ca. 2 Kilometer |  Manuela: Wie immer, wenn Jörg und ich gemeinsam laufen, haben wir uns 
        eine Menge zu erzählen. Ein Läufer überholt uns und ruft uns grinsend 
        zu, wir sollten doch nicht so viel reden, sondern lieber laufen. Nix da, 
        wenn man sich nur 3 x im Jahr sieht.... 
          
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            | Durch den dunklen Tann, etwa nach 8 Kilometer | Auf den Spuren des Kyrill |  
          
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            | Fast schon alpin, der kleine Abstecher zum 
            Aussichtspunkt | Selten, Mitte Mai beim Rennsteiglauf: Der Thüringer 
            Wald im Sonnenschein |  Jörg: Wir beide sind gut drauf und relativ flott unterwegs. Herrlich 
        abwechslungsreiche Wege ziehen sich zum Großen Inselsberg hoch. Wohl 
        nicht nur für mich das erste Etappenziel. Nach etwa 3 Stunden haben wir 
        die 25 Kilometer und ca. 700 HM geschafft. Schnell ein paar Gipfelfotos 
        und weiter geht es steil bergab. Eine etwas längere Pause an der großen Versorgungsstation Ebertswiese 
        bei 37,5 km und dann Laufen ohne Nachzudenken. Wie in Trance. Im letzten Moment kann ich noch einen großen Sprung machen, als sich 
        Manuela vor mir niederlegt. Laufen und Schlafen auf einem Wurzelweg 
        verträgt sich nicht. Gott sei Dank ist nichts Schlimmes passiert. Aber 
        wach sind wir jetzt beide wieder. 
          
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            | Kurz vor dem Gipfel zum Inselsberg | Eine tolle Zuschauerkulisse |  
          
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            | Der steile Abstieg vom Inselsberg | Hauptsache die Versorgung stimmt |  
          
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            | Manuela und Olaf, nach 30 Kilometer (kleines 
            Team-Bittel-Meeting) | Motivation kurz vor der Ebertswiese |  
          
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            | Würstchen statt Power-Gel | In der Ruhe liegt die Kraft |  Manuela: Mit einem etwas mulmigen Gefühl blicke ich auf den sonnigen 
        blauen Himmel. Mulmig deshalb, weil mir Wärme beim Laufen zusetzt. 
        Manchmal weniger, dann wieder sehr stark. Als der Grenzadler auftaucht, 
        bin ich überglücklich und die negativen Gedanken bezüglich des Wetters 
        sind wie weggeblasen. Ich sage mir jedes Jahr im Vorfeld, ab hier kann 
        nichts mehr schief gehen, und wenn ich nach Schmiedefeld gehen muss. Wie 
        konnte ich auch ahnen, dass die nächsten Kilometer so hart, so verdammt 
        anstrengend werden würden. Nach der Pause am Grenzadler komme ich nicht mehr richtig in Gang. Es 
        wird immer wärmer und in meinem Kopf breitet sich eine leichte, aber 
        nicht mehr ignorierbare Übelkeit aus. An den nächsten 
        Verpflegungsstationen zwinge ich mich, sehr viel zu trinken, gebe Salz 
        in den Tee, aber all diese Vorkehrungen helfen nichts mehr. Ich muss 
        gehen. Mein Kreislauf ist im Keller und ich habe keine Lust, den 
        herrlichen Tag auf einer Liege im Sanizelt zu verbringen. Jörg weigert 
        sich, alleine weiterzulaufen, und begleitet mich. Ich bin ihm dankbar, 
        habe aber auch ein sehr schlechtes Gewissen, weil ich ihn aufhalte. 
        Meine Gedanken kreisen: Soll ich aufhören, soll ich weitermachen, wie 
        weit komme ich noch, ist alles gar nicht so schlimm? Ich muss mit 
        ansehen, wie die anderen Läufer an mir vorbeisausen. Was machen, wenn 
        die Beine kräftemäßig topp fit und bereit zu laufen sind, der Kopf 
        jedoch Einhalt gebietet? Der Klügere gibt nach, die Vernunft siegt, zum 
        Glück! 
          
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            | Den Rennsteig in Kampfstiefeln mit offenen 
            Schnürsenkeln. So geht es offensichtlich auch. | Landschaft mit fast schon alpinem Charakter |  
          
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            | Das wissen Läufer doch schon lange | Da kam die Badewanne gerade recht |  Manuela: 6 km vor Schmiedefeld kehren langsam aber stetig meine 
        Lebensgeister zurück. Leichte Schleierwolken bedecken die Sonne und der 
        Wald wirft etwas Schatten. Ich gebe Jörg ein Zeichen und falle in einen 
        leichten Trab. Jetzt nehme ich auch meine Umgebung und die anderen 
        Läufer wieder bewusst wahr. Vor uns stürzt ein Läufer. Jörg hilft ihm 
        auf die Beine und wir kommen ins Gespräch. Er erzählt uns, dass er 
        nächstes Jahr zu seinem 70. Geburtstag am New York Marathon teilnehmen 
        möchte (zum 3. Mal) und in wenigen Wochen in Biel dabei sein wird. 
        Respekt! Mit 70 noch (Ultra-)Marathon zu laufen, das wünsche ich mir 
        auch. Mir geht es Schritt um Schritt besser, möchte mir das aber noch nicht 
        wirklich eingestehen. Als wir dann aber an der 71 km Markierung 
        vorbeikommen, kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich werde von einer 
        Euphoriewelle erfasst. Ich fühle mich großartig! Jörg: "Ich könnte jetzt fliegen, so gut bin ich drauf." Zuerst denke 
        ich an einen Scherz, doch Manuela feiert nach 71 Kilometer die 
        Wiederauferstehung (Olafs Kommentar im Ziel: "Wer so was tut, der muss 
        einen 100er laufen"). Ein Blick auf die Uhr und einer nach links in ihr 
        Gesicht, ich erkenne die Startfreigabe und wir beide heben ab. Im 
        4er-Schnitt durchfliegen wir Schmiedefelds Gartenstadt. Überholen noch 
        einige andere Läufer, lachen, freuen uns und sind im schönsten Ziel der 
        Welt. Der Stadionsprecher: "Ihr seit noch gut drauf". Weiß nicht, ob er 
        uns gemeint hat. Gut drauf waren wir aber wirklich. Manuela: Das war für mich der ergreifendste und schönste Zieleinlauf 
        meines bisherigen Läuferlebens. Niemals hätte ich gedacht, dass ich noch 
        so viel Energie aufbringen könnte, dass ich überhaupt laufend in 
        Schmiedefeld eintreffen werde. Ohne diesen Einbruch hätte ich vermutlich 
        diese letzten Kilometer nicht so intensiv erlebt. Wie nah doch Tiefen 
        und Höhen beieinander liegen! 
          
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            | Müde, mit sich und der Welt zufrieden ... | ..., aber durstig |  Jörg: Zufrieden sitzen wir im Schatten auf einem Baumstamm. Oben auf 
        dem Sportplatz trommelt sich eine Gruppe Schlagzeuger das Herz aus der 
        Seele. Und schließlich das traditionelle Rennsteiglied. Das passt jetzt, 
        obwohl sich Manuela eher die neue Variante von Dr. Henne gewünscht 
        hätte. Wahrscheinlich wären wir noch lange da gesessen, müde aber glücklich. 
        Doch wir mussten noch unter die Dusche, zurück nach Eisenach und dann in 
        den Zug. Vielen herzlichen Dank an die beste Laufpartnerin. Und denk 
        dran: Mitte Mai ist Rennsteiglauf, auch 2008. Manuela: Mein besonderer Dank gilt Jörg, der mich nicht im Thüringer 
        Wald zurück gelassen und mir zur Ablenkung viele Geschichten erzählt hat 
        (das muss man erst mal schaffen: nach 60 km noch den Kopf freizuhaben, 
        um andere zu unterhalten!). DANKE, es hat wieder einmal riesigen Spaß 
        gemacht, mit Dir zu laufen! Wir beide wollen uns an dieser Stelle auch ganz ausdrücklich bei den 
        vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Veranstalters und der 
        unterstützenden Vereine sowie allen Zuschauern bedanken. Ihr alle habt 
        wieder Großartiges geleistet und uns Läuferinnen und Läufern ein tolles 
        Fest bereitet. Noch ein Hinweis: Sicher kennen viele Läuferinnen und Läufer 
        noch das motivierende Transparent am Ortsausgang von Eisenach: "Nur 
        noch 72 km bis Schmiedefeld – Eisenach wünscht alles Gute". Holger 
        Sakuth aus Eisenach hat dieses als bekennender Rennsteigfanatiker 
        (dieses Jahr zum 28. mal dabei) anlässlich seines 25. Starts im Jahre 
        2004 auf eigene Kosten herstellen lassen. Leider ist das schöne und auch 
        nicht ganz billige Transparent von unsportlichen Fans am Tag nach dem 
        Lauf 2006 gestohlen worden. Vielleicht liest diese Zeilen auch der Übeltäter oder jemand, der 
        etwas zum Verbleib des Transparents sagen kann. So eine 
        Motivationshilfe gehört an die Strecke! Mal ehrlich, im privaten 
        Partykeller hat das doch keine Wirkung. Holger und auch alle Läuferinnen 
        und Läufer der zukünftigen Rennsteigläufe würden sich freuen, wenn das 
        Transparent seinen Weg zurück zum rechtmäßigen Besitzer finden würde. 
        Eine anonyme Rückgabe ist ja recht einfach möglich. Eure Manuela + Jörg vom "Team Bittel"
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