Team Bittel
 

17.05.2014 Rennsteig - Wochenend-Urlaub rund um den Rennsteiglauf (73km)  

Autor:  KaiSchlachter   E-Mail: murphy§murphyslantech.de
Letzte Änderung: 19.05.2014 23:29:42

Lange habe ich mir den Rennsteig aufgespart. So wurde ein Rennsteig-Wochenende draus


Lange hat es gedauert, lange habe ich mir den Rennsteiglauf aufgespart. Zwar hatte ich ihn nicht von Anfang an im Plan, aber spätestens als meine Freundin Vorbereitungen getroffen hat am 17.04.2014 auf die Supernatural Convention “Asylum 12” zu fahren, war für mich klar: Sie Supernatural, für mich Supermarathon. Also ein Wochenende mit dem jeweiligen Hobby – warum nicht.

Den ersten Teil der Anfahrt können wir noch gemeinsam zurück legen bis Frankfurt Flughafen. Ich fahre dann weiter nach Eisenach bzw. Herleshausen, bin etwas früh dran. Die Startnummernausgabe ist erst ab 14:00h geöffnet - ich mache ich eine kurze Tour durch Eisenach mit Ziel an der Wartburg. Natürlich laufe ich den Berg hoch – es sind vom Zentrum 1,5km und einige saftige Höhenmeter. Aber so ein leichtes Training zur Einstimmung ist sicherlich nicht verkehrt.

Die Wartburg ist einen Besuch wert, die Führung ist gut gemacht. Man erhält einen tollen Einblick in das Leben auf der Burg im Mittelalter – alles andere als angenehm. Meine Altersklasse M40 hätte es damals nicht gegeben, die Lebenserwartung lag bei 30 Jahren. Zudem versucht die Fremdenführerin ein wenig eine Vorstellung für die Mobilität von damals zu schaffen: Motorisierung gab es nicht. Luther ist vor der Bibelübersetzung ins Deutsche in ganz Deutschland herumgekommen – gewandert. An die 1500km lassen sich historisch nachweisen. So richtig schockieren kann die Schilderung nur die Hälfte der anwensenden Personen. Die andere Hälfte sind Teilnehmer am Rennsteiglauf über 73km – gut zu erkennen an den Sportschuhen und den Champion-Chips am Schuh.

Kurz nach der Führung melden sich meine Lauffreunde Helga und Heinrich bei mir, ebenfalls in Eisenach eingetroffen. Wir verabreden uns an der Startnummernausgabe. Dort ist es voll, aber es geht sehr zügig voran. Immerhin müssen 1700 Leute ihren Beutel mit Startnummer und Zusatzinfos abholen. Zu dritt machen wir einen Bummel durch die Innenstadt, ich gönne mir einen kleinen Snack in Form von Thüringer Bratwürsten. Bei einem italienischen Restaurant reservieren wir für den Abend noch einen Platz. Mein Hotel liegt außerhalb in Herleshausen 15km von Eisenach entfernt und bietet alles, was der Läufer für den Rennsteiglauf braucht: Ein Bett und vor allem ein frühes Frühstück. Bereits ab 4:30 h gibt es das für die Sportler. Zum Abendessen fahre ich nach Eisenach zum Nudeln essen, damit die Kohlenhydratspeicher gefüllt sind. Da ich den Lauf nur aus Beschreibungen und Berichten kenne, weiß ich nicht genau auf was ich mich einstellen soll. Aber das ist ja bei jeder erstmaligen Teilnahme der Reiz. Um wirklich ausgeruht zu sein, lassen wir den Abend nicht all zu lang werden. Kurz nach acht bin ich im Hotel und bald darauf im Bett.

Der Wecker holt mich zuverlässig aus dem Bett. Ich brauche eine kalte Dusche, um wach zu werden. Dann geht es leichter: Laufklamotten an, ich entscheide mich für meine Ultra-Wettkampf-Hose (eine altbewährte graue Leggins – nicht modisch aber praktisch) und das Teilnehmer-Shirt der ersten Ulmer-Laufnacht (mein erster 100km Lauf). Weiteres Equipment neben den Schuhen: Pulsuhr, lange dünne Jacke und Getränkegürtel. Den Sack fürs Ziel packe ich mit allem notwendigen: Handtuch, Seife und trockener Bekleidung inklusive winddichter Jacke. Nach dem Frühstück geht es nach Eisenach. Dort warten bereits die Transfer-LKW für die Bekleidungsbeutel. Obwohl ich Ausschau halte, sehe ich Helga vor dem Start nicht. Halb so wild – im Ziel haben wir einen festen Treffpunkt ausgemacht. Es ist kurz vor 6 Uhr, leicht windig und recht frisch. Ich bin froh um Jacke und lange Hose.

Pünktlich 6:00h fällt der Startschuss, das Feld kommt langsam in Bewegung. Auf dem 1. km durch die Fußgängerzone stockt es, es sind zu viele Läufer auf zu wenig Straße. Aber bereits am Stadttor wird es besser. Dort beginnt der Anstieg zum eigentlichen Rennsteig. Dieser Wanderweg beginnt nämlich 10km außerhalb von Eisenach und die Laufstrecke vereinigt sich erst an der “Hohen Sonne” damit. Es geht in Serpentinen nach oben und aus Eisenach heraus in die Felder und Wälder. Der Untergrund ist teilweise asphaltiert, teilweise geschottert und es gibt die ersten Trailpassagen bereits vor km2. Hier gibt es immer wieder etwas Rückstau, wenn der Pfad zu schmal ist. Aber alles läuft ordentlich ab, keiner drängelt oder schiebt. Auf den breiteren Forstwegen sortiert sich das Feld dann langsam. Aber selbst an der ersten Versorgung bei km 6,9 (Waldsportplatz) ist das Feld noch gut beieinander.

Noch geht es stetig weiter bergauf, erst kurz vor der Einmündung auf den Rennsteig ein wenig bergab. Ich schaue immer wieder auf die Pulsuhr und mahne mich, ja nichts zu überstürzen und aufzupassen – denn die kurzen Passagen auf den schmalen Pfaden sind nicht ohne. An der nächsten Versorgung gibt es warmen Tee – eine Wohltat für die klammen Finger. Die erste Stunde ist rum und ich fühle mich gut. Auch die allgemene Stimmung ist gut, es läuft einfach so vor sich hin. Scheinbar geht es einigen Läufern wie mir: Wir sind alle noch nicht ganz wach – wer bricht sonst Samstags früh um kurz nach 7 Uhr schon durch den Wald, um mehr als 42,195 Kilometer zu laufen?

Ein erstes kleineres Problem kündigt sich an: Ich habe meinen Füßen zu viel Luft gelassen. Bei der Abwärtspassage merke ich, wie ich mir eine Blase laufe. Ich ziehe die Bindung fester – nicht leicht mit klammen Fingern. Dabei fällt mir meine Startnummer in die Hände. Da ich sie unter der Jacke getragen habe, ist sie total durchgeweicht und die Sicherheitnadeln sind ausgerissen. An wieder anpinnen ist nicht zu denken, dafür fehlt das Gefühl in meinen Fingern. Also packe ich die Nummer in die Tasche und muss sie jedesmal rausholen wenn es Fotos gibt. Aber der Chip am Fuß sorgt ja für die korrekte Zeitnahme.

Auf die nächste Versorgung an der Glasbachwiese freue ich mich besonders: Dort hat sich Heinrich mit Kamera positioniert und diesmal klappt es auch mit der Kommunikation. Ich drehe vor seiner Kamera einige Runden bis ich alles beisammen habe, was ich an Versorgung mitnehmen will: Tee, Schmalzbrot und zum ersten Mal den Haferschleim mit Blaubeeren. Erster Eindruck: Sieht komisch aus. Zweiter Eindruck: Sehr praktischer Engergiedrink mit angenehmen Geschmack. Für auf den Weg nehme ich mir noch ein Stück Banane mit Salz (damit ich keine Krämpfe bekomme – Erfahrung macht klug). Vor der Versorgung geht es gefühlt zum ersten Mal länger sachte bergab. Aber danach geht es natürlich auch wieder hoch, diesmal ein richtig trailiges Stück mit Waldboden und Wurzeln.

Noch jogge ich tapfer jede Steigung hoch, sie sind alle nur “Scheinbuckel” wie Peter von Peter Ultra Lauf Treff (PULT) sagen würde – sie werden zum Ende hin alle flacher. An der Getränkestelle am Dreiherrenstein haben wir 20km zurückgelegt und deutlich an Höhe gewonnen. Ich bin 2 Stunden unterwegs. Kurz nach der Wasserstelle geht es zum ersten Mal ans Eingemachte – es geht dem Großen Inselsberg hoch. Im Kopf läuft die Melodie aus Jim Knopf & Lukas der Lokomotiv-Führer “Eine Insel mit zwei Bergen". Denn wo es einen großen Inselsberg gibt, muss auch ein kleiner Bruder sein. Die Strecke nach oben ist sehr steil und ich schalte um auf Gehen. Kein Problem, denn um mich herum kann das Ding auch sonst keiner joggen. Es geht in den Nebel, wird feucht und kühl. Teilweise hatte ich vorher schon den Atemhauch einiger Läufer gesehen. Kurz vor dem Inselsberg rutsche ich auf einer Wurzel weg und küsse den Boden. Aber nichts passiert – aufstehen und weiterlaufen. Es tut nichts weh – nur die Hände sind schmutzig. Wasser aus der Trinkflasche drüber und abgespült – schon ist die Welt wieder in Ordnung und ich dank Adrenalinkick jetzt richtig wach. Wir laufen derweil weiter im Nebel am Gipfel mit den Sendeanlagen vorbei.

Nach der Kuppe geht es kräftig bergab bis an die nächste Versorgung. 27km liegen hinter mir, etwas mehr als ein Drittel, das motiviert mich. Die Strecke ist nunmehr vergleichsweise flach – es gibt ein paar Höhen und Senken, aber insgesamt sehr gut und entspannt zu laufen. Im Kopf rumort es etwas, ob ich das überhaupt schaffen kann, wenn das so weiter geht.Meine Muskeln melden klar, dass sie die Idee mit den Bergläufen zwar toll finden, aber mittlerweile die Grenze des Trainings fast erreicht ist. Aber es gibt nur eine Richtung und die heißt weitermachen.

So kommt nach einer Kuppe ein Betonweg und das ersehnte Motivationsschild: 30km sind geschafft. Jetzt ist es nur noch ein Marathon – und Marathon kann ich laufen, also alles im Lot. Ich muss an meine Kollegen denken, die sich wohl gerade auf eine neue Runde mit PULT aufgemacht haben. Mal sehen was die berichten – 73km werden sie nicht laufen.

Als nächstes Ziel setze ich mir die Halbzeit an der Ebertswiese km 37. Die Strecke ist noch immer leicht wellig, aber es lässt sich gut laufen. Sogar das Wetter macht langsam mit, nachdem es lange grau und bedeckt war, spitzt nun die Sonne durch. Der Wind ist zwar immer noch frisch, aber mit der Sonne läuft es sich viel angenehmer. Ein Hinweisschild kündigt den nahenden Verpflegungspunkt an: Noch 1 km. An dieser Versorgung mache ich länger Pause – gönne mir ausreichend Wasser, Tee, Isogetränk, Schmalzbrot und Wiener Würstchen. Ja all das kann man essen während einem Ultralauf.

Danach geht es steil bergauf. Ich nutze die Zeit mich zu sortieren, während ich hochgehe (wie fast alle um mich herum auch). Gefühlt ist es nicht mehr weit bis zur Marathon-Marke – nur noch 5km. Es geht weiter auf dem Bergrücken entlang. Immer wieder gibt es eine Lichtung. Ich ziehe die Jacke aus und binde sie mir um. Im ersten Moment ist mir etwas frisch, gerade wenn der Wind kräftig pfeift, aber in der Sonne wäre es mir jetzt in der Jacke zu warm.

Nächste Getränkestelle ist die Neue Ausspanne nach 41km. Dorthin geht es wunderbar bergab, aber nach der Versorgung auch gleich wieder bergauf. Jetzt erkenne ich, warum das Rennsteig heißt: Entweder man rennt bergab oder man steigt bergauf. Ein Zwischending gibt es selten. Aber wenn alle gehen, dann ist es erträglich – nicht so wie wenn ständig Leute an einem vorbeiziehen (das frustriert eher). Ich komme auch im Gehen recht flott den Berg hoch und hole immer wieder Läufer ein. Das Feld ist immer noch zusammenhängend, auch wenn die Abstände zwischen den Läufern mittlerweile länger geworden sind.

Nachdem die Marathonmarke hinter mir liegt peile ich nun den Grenzadler als nächsten “magischen” Punkt an. Dort wartet wieder Heinrich. Noch bevor ich an der Neuhöfer Wiese zum nächsten Mal Energie tanken kann – mache ich einen Abstecher in die Botanik. Das ist praktisch am Lauf quer durch den Wald. Es gibt ständig die Option der sanitären Erleichterung rechts und links des Weges. So erleichtert läuft es sich viel besser.

An der Neuhöfer Wiese gibt es allerlei zu futtern. Wenn ich nicht wüsste, dass es biologisch unmöglich ist, würde ich sagen: Ich bin schwanger. Denn die Kombinationen des Essens werden jetzt richtig abenteuerlich: Gesalzene Banane kenne ich schon, aber gesalzenes Nutella-Brot ist noch ne Stufe besser. Dazu wieder reichlich Tee und Iso. Cola spare ich mir auf, damit der Koffeinschub erst am Schluss kommt. Für den Weg noch eine Hartwurst zum Kauen und schon geht es weiter. Erst eben, aber kommt die nächste Steigung an der wieder alle gehen.

Den nächsten Versorgungspunkt hört man schon von weitem. Dort ist die Stimmung richtig gut und es stehen viele Leute, die anfeuern. Ist auch verständlich, denn mittlerweile ist es 11 Uhr, die meisten haben also ihr Samstagsprogramm gestartet. Schon länger begleiteten uns weitere Teilnehmer: Die Wanderer und Nordic-Walker. Wobei das mit den Stöcken teilweise schon nervig sein kann. Vor allem wenn man den Vergleich der Leute sieht, die es richtig und schwungvoll machen und die, die Stöcke nur als Deko benutzen. Ja man fühlt sich schon erhaben, wenn man nach 45km noch an Leuten locker flockig vorbeiziehen kann. Auch so kann Motivation aussehen.

Nun ist es nicht mehr weit bis zum Grenzadler – 4km noch. Allerdings gibt es nochmal Trailanteile, diesmal mit Fango-Einlage und nassen Schuhen. Aber das Wetter macht immer mehr auf, wenn jetzt noch der Wind nachlässt, dann wäre es ein wunderschöner Sommerlauf. Aber andererseits ist es auch angenehm, dass es nicht zu warm ist. Als wir uns dem Grenzadler und Oberhof nähern kreuzen wir mehrfach die Trainingsstrecken der Biathleten bzw. der Langläufer auf Skiern. Langlaufen kann auch anders aussehen, so wie wir das gerade machen. Zur Versorgung geht es ein kleines Trailstück bergab, ich erspähe schon von weitem Heinrich und setze mein Lächeln auf. Aber die Wiese ist schon gut zertrampelt und dank der vielen Feuchtigkeit super glitschig. Daher konzentriere ich mich lieber auf das Laufen als auf das Lächeln.

Nun sind es keine 20km mehr – ich schaufle reichlich Kalorien rein, Haferschleim, gesüßter Tee und Salz. Nochmal Heinrich Zeichen geben, dass alles OK ist und weiter. Ich habe das Profil nicht mehr genau im Kopf, aber eine Gruppe neben mir schaut gerade in die Karte... So bekomme ich mit, dass die letzte große Steigung bei km 61 liegt – also keine 9km mehr. Das ist die Hälfte der verbleibenden Strecke. Ich teile mir meine Kräfte entsprechend ein und mahne mich zur Vorsicht. Nach knapp 4km gibt es wieder zu trinken, auch Bier wird angepriesen, aber ich lasse es doch sein.

Es geht eine langgezogene Steigung nach oben – immer den höchsten Punkt der Strecke an Plänckers Aussicht im Kopf. Ich motiviere mich, dass es nur noch 3km bis dorthin sind. Danach soll es größtenteils abwärts gehen. Am höchsten Punkt liegen tatsächlich rechts und links der Strecke noch zwei kleine Schneehäufchen. Damit hätte ich Mitte Mai nicht mehr gerechnet. Doch es zeigt wie frisch das Klima hier oben sein kann. Ganz im Gegenteil dazu, wie das Wetter aktuell ist: In der Sonne fast zu warm. Zudem schwitzen wir Läufer nach der Steigung natürlich sowieso. Aus der Flasche hole ich mir noch eine Portion Erfrischung.

Nun geht es rasant bergab – die "Schmücke", vorletzte Versorgung vor dem Ziel wartet. Die Strecke parallel zur Straße ist übersäht mit Wurzeln und Stolperfallen – aber irgendwie kann ich das trotzdem sehr gut laufen. Im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmern – immer mehr gehen, auch bergab. Die Wiese vor Schmücke ist eine Herausforderung: Nass, glitschig und absolut uneben. Ich greife nur kurz zu Cola und weiter. Die Aussicht, dass es keine 10km mehr sind, beflügelt mich erheblich.

Kurze Zeit später kommt das Schild km65. Ich blicke auf die Uhr – 7 Stunden bin ich unterwegs. Im Kopf läuft die Rechenmaschine: Bei geplanten 6-7min/km (wie schnell ich tatsächlich bin kann ich nur schätzen, denn ich laufe ohne technischen Schnickschnack wie GPS oder Fußsensor), mal überschlagen: Die 8h Marke sollte drin sein, zumal es ja stetig bergab geht. Ich bin schon versucht es einfach laufen zu lassen, aber ich mahne mich zur Vorsicht: Das dicke Ende kommt noch. Optimistisch rechne ich 7:45 – wenn ich mich beeile und nichts unvorhergesehenes kommt.

Doch das kommt kurz vor der Versorgungsstelle Kreuzwege. Es geht eine Steigung hoch, nachdem es vorher ordentlich bergab ging. Die Stelle heißt praktischerweise auch noch Mordfleckenwand. Das sagt alles. An der Versorgung gibt es einen Schluck Cola, aber ich halte nicht mehr an, zu verlockend ist das nahende Ziel. Nur noch rund 5km! Das beflügelt mich weiter – und es geht weiter bergab. Zudem motiviert mich die Kilometrierung des Halbmarathons. Da der ins gleiche Ziel einläuft sollte das ungefähr passen, auch wenn die Kilometerangaben sich nicht decken wollen. Aber so hat man jeden Kilometer einen Hinweis. Wie weit es noch ist kann man sich ausrechnen.

Im Tal kann man seit langem mal wieder etwas anderes als Wiesen und Felder sehen. Da unten stehen tatsächlich Häuser – die Strecke führt immer näher an die Zivilisation heran. Noch 3km – ich schaue nicht mehr auf die Uhr sondern laufe weiter, über die gesperrte Straße, noch eine Kehre und dann beginnt schon Schmiedefeld. Die Menschen feuern uns an, die Stimmung ist gigantisch. Auf den letzten Kilometern nehme ich mehr als ein Dutzend Läufer mit – viele müssen gehen. Ich kann mir nicht erklären warum, es geht doch ständig bergab und die Strecke ist wunderbar breit. In Schmiedefeld gibt es leider noch einen kleinen Buckel, der allerletzte Anstieg vor dem Ziel – garniert mit dem Schild km 72 – jetzt kann ich nochmal richtig loslaufen. Das Portal zum “Einsortieren” der Läuferdistanzen kommt. Ganz klar: Mir gehört die mittlere Spur für Supermarathon. Es geht bergab und ich sehe einen Läufer vor mir auf den letzten Metern. Also die Beine in die Hand genommen, den kriege ich noch.

Durchs Ziel und – geschafft. Bruttozeit 7:46 h – es könnte also gereicht haben.

Im Ziel treffe ich Endere wieder, ihn hatte ich beim Rodgaulauf getroffen. Er hatte mich überholt und schon seit 15 min im Ziel. Aber mir ist das völlig egal. Ich hole mir Tee und etwas zu Essen. Danach will ich meine Freundin Marion per SMS informieren. Ich muss feststellen, dass die meiste Zeit des Laufes kein Netz vorhanden war – der Akku ist leer und bricht beim Versand der SMS zusammen. Ob es geklappt hat, weiß ich nicht.

Die Organisation im Ziel ist super – auf der Gepäckwiese hole ich meinen Beutel und begebe mich zur Dusche. Dort 200m weiter ist es voll, aber jeder kommt dran. Frisch geduscht hole ich mein Finisher-Shirt, die Urkunde und das Gratis-Köstritzer ab. Beim Anstellen für die Urkunde erspähe ich Heinrich. Dank Hut und großem Stativ ist er auch in großen Menschenmassen gut zu finden. Er gibt mir die Info, das Helga noch etwas braucht und ich daher warten muss bis das Spezial-Taxi nach Eisenach fährt. Aber das ist halb so wild – ich lege mich auf die Wiese und entspanne einfach nur. Zur weitern Stärkung hole ich mir zwischenzeitlich eine Bratwurst und esse meine mitgebrachten Gummibärchen.

Helga kommt nach 10 Stunden ins Ziel – auch das achtbare Leistung. Heinrich weckt mich rechtzeitig und so kann ich sie kräftig anfeuern beim Zieleinlauf.

Insgesamt: Ein toller Lauf, auch wenn ich sagen muss, dass ich im Nachhinein mich an wenige Passagen direkt erinnern kann. Die Versorgung ist super, die Organisation läuft wie geschmiert und die vielen Leute an der Strecke, die einen anfeuern – das macht einfach Laune. Der Lauf kommt auf alle Fälle auf die Liste der zur Wiederholung empfohlenen Wettkämpfe! Ob es nächste Jahr ist muss ich noch sehen, das hängt stark davon ab, was mein anstehender Nachwuchs bis dahin so macht? Wenn ich den Lauf wieder mache, habe ich mir vorgenommen ihn die letzten Meter durchs Ziel zu tragen. Mal schauen ob das was wird?
 
[team/fuss.htm]